Die zahlreichen Stillleben von Botero folgen meistens einem bestimmten Kompositionsschema: Im Vordergrund des Bildes befindet sich ein Tisch, der mit einer Schublade versehen ist. Die Tischplatte, auf der die Objekte angeordnet werden, ist angekippt, wodurch dem Bild eine scheinbare Naivität verliehen wird. Neben den Früchten werden häufig auch Besteck, Kannen, Gitarren und andere Objekte auf dem Tisch platziert. Boteros großes Vorbild ist Cézanne, auf den er sich bei seiner Betonung der plastischen Form bezieht. Gleichzeitig kommt auch sein grundlegend vom Stillleben geprägtes Denken in folgendem Zitat zum Ausdruck: „Ich möchte so malen, als würde ich immer Früchte darstellen. Cézanne sagte immer zu seiner Frau, wenn sie Modell für ihn saß: ‚Setz dich einfach so hin, als wärst Du ein Apfel’. Das ist richtig. Und wenn man sich ein Bild von Cézanne anschaut, besteht kein Zweifel darüber, was er beim Malen dachte. Man sieht lauter Früchte, und das ist rein malerisch gestaltet. Das ist die richtige Einstellung.” 1 Ebenso greift Botero auch die pische Stilllebentradition von Sánchez Cotán auf, was die an Fäden aufgehängten Früchte mancher Bilder verdeutlichen. Das Aquarell der Sammlung Wild zeigt vor einem hellen, nicht näher definierten Hintergrund eine Obstschale, die auf einer Tischplatte steht. Die Früchte sind rund, prall und makellos und weisen keinerlei Faul- oder Druckstellen auf. Ebenso wie bei Boteros Menschen ist auch bei ihnen das Volumen überzogen. Durch einen Zufall soll Botero entdeckt haben, das Volumen von Menschen und Gegenständen zu steigern: „Als ich eines Tages eine Mandoline zeichnete und aus Versehen anstelle des Klanglochs nur einen winzigen Punkt in die Mitte setzte, wirkte das Instrument plötzlich angeschwollen, massiv” .2 Über seine Arbeitsweise sagte Botero: „Ich habe nie eine Anzahl Gegenstände vor mich hingestellt, um ein Stillleben zu malen, noch habe ich jemals ein Modell genommen, um einen Akt darzustellen. Wenn ich eine Orange malen will, ziehe ich es vor, die Orange zuerst zu essen und sie dann zu malen, anstatt diese vor mich hinzulegen.” 3
Julia von Klot
1 Zitiert nach Dieter Brusberg (Hrsg.): Botero – der Maler. Bilder und Zeichnungen aus 30 Jahren, Berlin 1991, S. 18. 2 Zitiert nach Werner Spies (Hrsg.): Fernando Botero. Bilder Zeichnungen Skulpturen (Ausst.kat.), München 1986, S. 34. 3 Zitiert nach Dieter Brusberg (Hrsg.): Botero – der Maler. Bilder und Zeichnungen aus 30 Jahren, Berlin 1991, S. 18. |